Werden bei Röntgenuntersuchungen der Lunge Veränderungen entdeckt, ist eine Gewebeprobe zur weiteren Abklärung nötig. Mit bisherigen Methoden der Lungenspiegelung, der sogenannten Bronchoskopie, sind sehr kleine und weit außen gelegene Herde aber häufig nicht zu erreichen. In der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) schafft ab sofort die präzise Navigationshilfe künstlicher Intelligenz in Kombination mit einem sehr dünnen, robotisch-assistiert gesteuertem Katheter Abhilfe: Bei der robotisch-assistierten Bronchoskopie erstellt das System (ION® Endoluminal System) anhand von Computertomographie (CT)-Aufnahmen der Lunge eine exakte Wegbeschreibung durch die fein verästelten Atemwege. Auf dieser individuell berechneten Route steuert die Ärztin oder der Arzt den Katheter, unterstützt durch ein robotisches System, zum Ziel. Die korrekte Position wird mittels CT-Bildgebung bestätigt und die Gewebeprobe entnommen. Die neue Methode ermöglicht die bronchoskopische Abklärung kleiner Rundherde und erspart den Patientinnen und Patienten die komplikationsreichere Methode der Lungenpunktion von außen.
Die ersten Patientinnen und Patienten wurden in der Thoraxklinik bereits erfolgreich mit dem neuen System untersucht. Das Team um Professor Dr. Felix Herth, Ärztlicher Direktor der Abteilung Pneumologie und Beatmungsmedizin der Thoraxklinik, unter der Leitung von Oberärztin Dr. Judith Brock bietet die robotisch-assistierte Bronchoskopie seit März 2025 geeigneten Patientinnen und Patienten, die zur Abklärung eines Rundherdes in der Lunge an die Thoraxklinik überwiesen werden, in einer Studie an.
Bislang verfügen nur wenige Zentren in Europa über das robotisch-assistierte Bronchoskopie-System. Aus den USA gibt es allerdings umfangreiche Studiendaten, weil solche Systeme dort bereits einige Jahre in der klinischen Routine zum Einsatz kommen: „Mit dem robotisch-assistierten System kommt es etwas seltener zu Komplikationen als bei konventionellen Lungenspiegelungen und man trifft kleine Rundherde mit deutlich größerer Sicherheit“, sagt Dr. Brock. „Mit der Neuanschaffung können wir daher ab sofort mit geringem Risiko auch die sehr kleinen Herde sicher ansteuern, Proben entnehmen und frühzeitig eine Diagnose stellen.“ Bei Lungenkrebs ist eine frühe Diagnose wichtig, um mit der Therapie beginnen zu können, bevor der aggressive Krebs sich weiter ausbreitet.
Erfahrung mit dem System sammelten Prof. Herth, Dr. Brock und das Bronchoskopie-Team der Thoraxklinik bereits in den Jahren 2022 bis 2023. In dieser Zeit führten sie zwei Studien zur Diagnose und Therapie des Lungenkarzinoms mit der robotisch-assistierten Bronchoskopie bei 48 Patientinnen und Patienten durch und brachten das Verfahren damit erstmals in Deutschland zur Anwendung. Beide Studien sollen in Kürze publiziert werden und bestätigen im Wesentlichen die guten Ergebnisse aus den USA. Das Gerät für die Studien war von der Herstellerfirma zur Verfügung gestellt worden, nun wurde ein eigenes angeschafft.
Damit ist die Klinik bestens für den Start des Lungenkrebsscreenings für Risikogruppen gerüstet, das 2024 in Deutschland beschlossen und in den kommenden Jahren strukturiert aufgebaut werden soll. Das Screening ist ein Angebot insbesondere für langjährige Raucherinnen und Raucher, die ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs haben. Ab einem bestimmten Alter können sie eine CT-Untersuchung in Anspruch nehmen, damit Veränderungen des Lungengewebes möglichst früh erkannt werden. „Voraussichtlich werden sich dann deutlich mehr Betroffene als bisher mit kleinen und schwer zugänglichen Rundherden – potentiell frühen Tumorstadien – bei uns vorstellen“, so Dr. Brock. „Mit dem neuen System sind wir gut vorbereitet und können den Betroffenen eine schonende Biopsie auf dem neusten Stand der Technik anbieten.“
Kontakt:
Dr. Judith Brock
Abteilung für Pneumologie und Beatmungsmedizin
Thoraxklinik Heidelberg
Universitätsklinikum Heidelberg
E-Mail: V-THOR.Pneumologie@med.uni-heidelberg.de